Programmiersprache COBOL - mit einem Urgestein in die digitale Zukunft?

Programmiersprachen bilden wichtige Gerüste beim Ausbau der Digitalisierung. Mit ihnen bauen Entwickler Programme und Systeme für die Zukunft. Aber funktioniert dies mit einer alten Sprache? Die Programmiersprache Cobol („Common Business Oriented Language“) dient seit Jahrzehnten zur Formulierung von Rechenvorschriften für Geschäftsanwendungen und kommt weltweit in der Wirtschaft zum Einsatz. Sie feierte in diesem Jahr ihren 60. Geburtstag. Wie es gelingt, COBOL-basierte Programme zu pflegen und Portfolios nach zeitgemäßen Standards zu migrieren, zeigt dieser Beitrag.

teaserProgrammiersprache COBOL - mit einem Urgestein in die digitale Zukunft?

Der Ursprung liegt im Pentagon

Eine Arbeitsgruppe des amerikanischen Verteidigungsministeriums legte den Grundstein für COBOL. Am 28. und 29. Mai 1959 trafen sich Informatiker auf Einladung im Pentagon in Washington D. C. Es entstand die Organisation CODASYL (Conference on Data Systems Languages), eine Vereinigung amerikanischer Hardware-Hersteller und EDV-Nutzer. Die Entwickler von COBOL verfolgten das Ziel, eine hardwareunabhängige Programmiersprache zu kreieren. Sie sollte große Datenmengen bewältigen.

Die Informatiker schufen eine Beschreibung dieser Sprache, die sie 1960 unter dem Namen COBOL-60 präsentierten. Die Grundlagen dafür bildeten die damals gebräuchlichen Programmiersprachen FLOW-MATIC von Sperry Univac (Remington-Rand), Commercial Translator (COMTRAN) von IBM und FACT von Minneapolis-Honeywell. Nationale und internationale Gremien entwickelten den Standard weiter. Grundsätzlich ähnelte der Aufbau von COBOL dem der natürlichen Sprache. Sie folgte zunächst einem imperativen Programmierparadigma.

Mit der Zeit ergänzten prozedurale, objektorientierte und strukturierte Eigenschaften das sprachliche System. Bereits in den 1970er Jahren wurde COBOL zur gebräuchlichsten Programmiersprache. 

Cobol ist seit Jahrzehnten im Einsatz

Cobol zeichnet sich in der durch Wandel gekennzeichneten Welt der Programmiersprachen durch eine erstaunliche Langlebigkeit aus. Es werden immer noch 70 Prozent aller Transaktionsverarbeitungssysteme mithilfe dieses Systems entwickelt, wie Que Mangus, Director of Product Marketing bei Micro Focus, erklärt.

Die Anwendung von COBOL fällt vor allem in den Bereich betriebswirtschaftlicher Datenverarbeitung. Sie wird in Unternehmen ebenso verwendet wie in Finanzbehörden. Sei es das Einreichen eines Versicherungsanspruchs oder das Geldabheben am Geldautomaten – Systeme, die auf dieser Grundlage basieren, sind nach wie vor an vielen Stellen im Einsatz. COBOL gilt auch als die Programmiersprache der Buchhalter. Sie sollte ursprünglich beim Mangel an Programmierern Abhilfe schaffen und mit ihrem simplen Aufbau eine einfache Nutzung ermöglichen.

Ist COBOL noch zeitgemäß?

COBOL kommt seit Jahrzehnten weltweit bei betriebswirtschaftlichen Anwendungen in Unternehmen und Behörden zum Einsatz. Bei den Anwendern ist die Anzahl an spezifischen Programmen über die Jahrzehnte entsprechend gewachsen, unzählige Datensätze wurden in COBOL verfasst. Häufig handelt es sich bei betroffenen Daten um kritische Inhalte, deren simple Übertragung in ein anderes System Risiken bergen kann. Eine Umstellung der Systeme bedeutet in der Regel hohe Kosten und viel Aufwand. Dazu beherrschen immer weniger Informatiker die alte Programmiersprache COBOL. So werden schon Entwickler aus dem Ruhestand reaktiviert.

Unternehmen und Experten erschließen jedoch Wege, die bewährte Programmiersprache im Zeitalter der Digitalisierung zu nutzen. IBM oder Compuware beschäftigen sich bei COBOL-Anwendungen mit Lösungen zur Migration oder anwenderfreundliche, moderne Nutzeroberflächen. Der auf GLOBOL-Tools spezialisierte Anbieter Micro Focus widmet sich der Erhaltung und Zukunftsfähigkeit der Sprache.

Wege in die Cloud

Die digitale Transformation stellt Unternehmen vor Herausforderungen. Vor allem der Wechsel von CLOBOL-Anwendungen in die Cloud sorgt bei manchen für Verunsicherung. Dagegen zeigt die Praxis, dass beim Umzug des Firmenportfolios in eine Cloudstruktur, unterschiedliche Herangehensweisen möglich sind.

Ein Ansatz besteht darin, die Altanwendungen und Arbeitsaufträge im Computersystem mithilfe von Containern in die Cloud zu migrieren. Eine weitere Vorgehensweise bietet die Aufteilung der Legacy-Anwendung in Funktionen und ihre Verwaltung über eine hybride Cloud-Infrastruktur.

Ed Airey, Product Marketing Director, Connectivity bei Micro Focus, betont die Potentiale von COBOL im Transformationsprozess: „Die digitale Transformation bringt zahlreiche Facetten mit sich. In Anbetracht der kommenden Herausforderungen wird sich COBOL wieder zur ersten Wahl bei Programmiersprachen entwickeln: Sie unterstützt die neusten Plattformen wie etwa die Cloud, moderne Arbeitsansätze wie DevOps und ermöglicht bestmögliche Agilität für Unternehmen. Anpassungsfähigkeit, Benutzerfreundlichkeit und Flexibilität sind nur einige Beispiele dafür, warum COBOL bereit ist für die neusten digitalen Anforderungen. Zudem gilt dieses Urgestein der Programmiersprachen als besonders sicher gegenüber anderen modernen Systemen. COBOL hat sich als die Programmiersprache der Wahl erwiesen und wird in 2020 weiterhin mehr als aktuell sein.“

Für den Umzug in die Cloud treibt der Anbieter die Auslegung von COBOL für Container und Microservices voran. Das Softwareunternehmen LzLabs arbeitet nach eigener Auskunft an einer Containerlösung für den Software Defined Mainframe, ältere Mainframe-Anwendungen sollen dafür ohne Quellcode-Änderungen in Microservices umgewandelt werden.

COBOL – kein altes Eisen

Auch nach dem 60. Geburtstag erweist sich COBOL als anpassungsfähige Programmiersprache, die auch Zukunft weiter "gesprochen" wird.            
Datum: 7 January 2020, 9:01 am   |   Autor: ED
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