Dieselskandal. Ein Verein, der vor Gericht Fahrverbote erzwingt. Die Zukunft der Autoindustrie ist auch aus diesen Gründen mit vielen Fragezeichen behaftet. Eine langfristige Prognose scheint nur schwer möglich zu sein.
McKinsey hat sich nun an diese Problematik gewagt und eine Studie erstellt, wie die Zukunft der Mobilität in Europa 2050 aussehen könnte. Insbesondere die Möglichkeiten, den bisherigen Erfolg gegen die Konkurrenz aus China und den USA zu sichern, stehen im Fokus der Studie.
In der McKinsey-Studie, die unter dem Titel „Race 2050 – A Vision for the Automotive Industry“ veröffentlicht wurde, sind die Vorschläge für die Zukunft der Mobilität in fünf Punkten zusammengefasst. Die Autoren weisen darauf hin, dass nicht mehr viel Zeit bleibe für Veränderungen. Nachhaltigkeit sei eine der Alternativen für den langfristigen Erfolg der europäischen Autoindustrie. Ebenso wichtig sei es, eine Vorreiterfunktion bei den Technologien Brennstoffzellen, E-Mobilität und alternativen Kraftstoffen einzunehmen.
In der Vielfalt des Kontinents Europa sehen die Autoren einen Wettbewerbsvorteil, der genutzt werden muss. Nur so besteht die Chance, sich im Bereich der E-Mobilität zu behaupten. Bei den Mitbewerbern aus den USA handelt es sich um kapitalstarke Konzerne, während die Konkurrenz aus China sich auf die staatliche Unterstützung verlassen kann.
„Die Autoindustrie ist eine europäische Erfolgsgeschichte und weltweit führend“, sagt Andreas Tschiesner von McKinsey. Welchen Stellenwert die Autobauer in Europa haben, lässt sich mit Zahlen belegen. Die Branche beschäftigt europaweit 13 Millionen Menschen, erwirtschaftet 7 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts und bringt der EU 410 Milliarden Euro Steuereinnahmen.
Damit diese Erfolgsgeschichte auch in der Zukunft ihre Fortsetzung findet, schlagen die Berater von McKinsey vor, in Europa ein „Silicon Valley“ zu schaffen. Die Voraussetzungen seien optimal. Bereits heute liegen zahlreiche europäische Universitäten bei der Erforschung der Elektromobilität weit vorn. Die Autobauer investieren jährlich 50 Milliarden Euro für Entwicklung und Forschung. Eine Bündelung der vorhandenen Potenzialen zu einem „Mobilitätfonds“ liegt demnach auf der Hand. Private und öffentliche Geldgeber könnten nach Ansicht von McKinsey somit zu einem „Netzwerk aus Spitzenforschung“ beitragen.
Nach dem Willen der EU soll der Personen- und Güterverkehr im Jahr 2050 CO2-neutral ablaufen. Für die Autoindustrie bedeutet das die Sicherung der benötigten Rohstoffe, die für alternative Antriebe erforderlich sind. Kommunen sind ebenso gefordert wie die Energiebranche.
Um die Autofahrer zum Umstieg auf Elektrofahrzeug zu bewegen, müssen bis 2030 3,6 Millionen Ladestationen im öffentlichen Raum neu errichtet werden. Zum Vergleich: Heute sind es knapp 100.000. Laut McKinsey kann der Wandel nicht allein von den Autobauern bewältigt werden. Stattdessen bieten sich Kooperationen an. Auf eine gemeinsamen Datenbank könnten beispielsweise sowohl Zulieferer als auch Autohersteller zurückgreifen. So könnten neue innovative Techniklösungen entwickelt werden. Eine europäische „Teststadt“, die von allen genutzt werden kann, wäre ebenfalls denkbar.
Für die Zukunft der Mobilität sind längst nicht alle rechtlichen Fragen geklärt. McKinsey sieht von Seiten der EU bei Roboterautos und vernetzten Autos großen Handlungsbedarf. Der Datenschutz sowie Fahrzeugsicherheit, Emissionen und Recycling bedürfen ebenfalls der Regulierung. Diese Fragen betreffen auch Versicherer, Energieversorger und Telekomunternehmen. Deshalb empfehlen die Unternehmensberater ein gemeinsames regulatorisches Forum auf EU-Ebene.
Die McKinsey-Studie unterstreicht, dass auch die Städte und Kommunen in der Pflicht stehen. Gegenwärtig haben Europas Städte recht unterschiedliche Vorstellungen von einer zukünftigen Mobilität. Wenn der Schritt in die Zukunft gelingen soll, ist es notwendig, dass Städte und Industrie gemeinsam Mobilitäts-Standards definieren. 2050 mag von heute aus gesehen in weiter Ferne liegen. Dennoch sollte schnell gehandelt werden, damit die neue Mobilität zu einer Erfolgsgeschichte wird.