Wohin geht das B2B Marketing? Interview mit Heiko Zacher

Welche Entwicklung schlägt das B2B Marketing ein? Welche Tendenzen beobachtet die Mediaplanung derzeit? Und wie gestaltet sich das traditionell schwierige Verhältnis zwischen Print und Digital? Wir haben exklusiv mit dem B2B Marketing-Spezialisten Heiko Zacher, Grouphead Strategische Planung bei diemedia, gesprochen. 

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Welche Entwicklung schlägt das B2B Marketing ein? Welche Tendenzen beobachtet die Mediaplanung derzeit? Und wie gestaltet sich das traditionell schwierige Verhältnis zwischen Print und Digital? Wir haben exklusiv mit dem B2B Marketing-Spezialisten Heiko Zacher, Grouphead Strategische Planung bei diemedia, gesprochen. 

 

Herr Zacher, Das Unternehmensmarketing ist traditionell deutlich vom Endverbraucher-Marketing unterschieden. Doch das B2B-Marketing übernimmt zunehmend deren Instrumente. Wird die Unterscheidung langfristig noch zu halten sein?

Richtig ist, beide nähern sich an. Das liegt insbesondere daran, dass Arbeitszeitmodelle immer mehr den Menschen als Ganzes betrachten und sich die Welten selbst nicht mehr strikt trennen lassen. Somit sind Menschen, die B2B Entscheidungen treffen, nicht allein mit Ratio zu begeistern. Eine Customer Journey gibt es im B2B Bereich genauso wie im B2C, allerdings mit unterschiedlichen Erfrischungsständen auf den einzelnen Etappen der Reise. Im B2B Bereich kann man im Unterschied zu B2C dem Empfänger der Botschaft wenig mit „Geschmackssache“ argumentieren. Hier geht es um Wettbewerbsfähigkeit für den Kunden im Kampf um dessen Kunden.

Heiko Zacher, Grouphead Strategische Planung bei der Medienagentur die media

Heiko Zacher, Grouphead Strategische

Planung bei der Medienagentur

diemedia

Daher werden weiterhin die Information und der Nutzwert in der Kommunikation im Vordergrund stehen. Es ist natürlich toll zu sehen, wie Roboter und Kräne ausgefallene Dinge veranstalten. Ob man daraus aber analog zum B2C so etwas wie „Love Brands“ machen kann, entscheidet der Einzelfall. In jedem Falle sollte eine B2B Marke ebenso wie eine B2C Marke etwas zu erzählen haben. Im B2B Bereich werden – wie wir aus zahlreichen Studien über das berufliche Informationsverhalten feststellen können – auch weiterhin Messen ein großes Thema in der Unternehmenskommunikation darstellen. Überhaupt ist der Dialog ein deutlich wichtigeres Thema für die Markenwahrnehmung. Ob ich nun im B2C Bereich einen Burger oder eine Spülmittelflasche gestalten kann und das detailliert mit dem Anbieter besprechen muss, weiß ich nicht. Ich selbst müsste dies nicht.

Der Einsatz von Fertigungsmaschinen erfordert indes deutlich höheren – und wichtigeren – Abstimmungsbedarf zwischen Verkäufer und Käufer. Dazu sind Themen wie Beziehungsmanagement, Service/ Aftersales oder gar spezielle digitalisierte Lösungen wie Predictive Maintenance zunehmend wichtige Bestandteile des B2B Marketings entlang der Wertschöpfungskette. Man muss nicht täglich erzählen, dass man das richtige Katzenfutter gekauft hat, aber einen verfügbaren Außendienst bzw. Serviceansprechpartner bei Investitionsgütern muss man bereitstellen. Auch die Homepage, der wichtigste Werbeträger überhaupt, hat eine weitreichendere Funktion als bei Konsumgütern. Traffic-Kampagnen auf eine themenorientierte Landingpage erfahren hier einen hohen Stellenwert, während die Kommunikationsleistung bei B2C-Kampagnen häufig bereits auf dem Werbemittel selbst stattfinden kann. Ein leckerer Schokoriegel ist weniger erklärungsbedürftig als die unternehmerischen Vorteile additiver Fertigungstechnologie. 

Es geht im B2B Marketing nicht darum, zu jedem relevanten Zeitpunkt den potenziellen Letztkontakt vor der Supermarktkasse zu setzen. Es geht vielmehr um den behutsamen und nachhaltig überzeugenden Aufbau von Beziehungen. Im B2B Marketing haben daher Leads einen hohen Stellenwert. Je spitzer eine Zielgruppe ist, desto wertvoller ist es schon rein mathematisch, einen dieser Leads für sich in Anspruch nehmen zu können. Der Vertrieb muss diesen freilich auch kapitalisieren. 

Alles in allem: Unterschiede wird es auch langfristig noch geben, selbst wenn Synergien entdeckt werden und einzelne Bausteine des Marketings für alle Kommunikatoren nutzbar gemacht werden können und sollen. 

 

Als Mediaagentur sind Sie an einem ganzheitlichen Markenkonzept interessiert. Doch gerade das digitale Marketing wird immer individualisierter. Wie bilden Sie diese Widersprüche in der Medienplanung ab? Welche Aspekte sind dabei für Sie am wichtigsten?

Interessiert an einem ganzheitlichen Markenkonzept ist noch untertrieben: Unserer Ansicht nach ist eine starke und wohldefinierte Marke ein absoluter Erfolgsfaktor in der Kommunikation. Aufbauend auf die erste Frage ist nicht nur das Kennen, sondern auch das Einordnen, Favorisieren, Erfahren, Wiederempfehlen einer Marke ein wichtiger kommunikativer Auftrag. Gerade weil digitales Marketing immer individualisierter wird, muss irgendwo ein Wirkungsstock sein, der es ermöglicht, für (Re-)Aktualisierungen der Werbebotschaft nicht immer bei Null anfangen zu müssen. Dieser Stock muss wesentlich bei der Marke liegen.

In der Mediaplanung achten wir daher sehr stark darauf, dass nicht nur die rechnerische Performance oder mathematische Medialeistung zur Zielsetzung einer Kampagne beiträgt, sondern auf jeden Fall auch die Qualität und die Eigenschaft eines journalistischen Umfelds zum Wertetransfer. Damit meine ich nicht PR, sondern die intelligente Platzierung im Interessensspektrum des Mediennutzers. Gerade im B2B-Bereich achten wir freilich darauf, dass bei aller Individualität in der digitalen Ansprache der Austausch der Zielgruppe untereinander vorbereitet wird. Wir analysieren dazu individuelle Buying Center-Strukturen, um festzustellen, wen wir als Zielgruppe definieren und zu wissen, dass Konstrukteure andere Argumente benötigen als die Unternehmensführung. Es muss ein Anliegen zielführender Mediaplanung sein, dass alle Mitentscheider mit „ihren“ Argumenten ausgestattet werden und sich gegenseitig in den zunehmend wichtigeren persönlichen Gesprächen darin bestätigen, welches denn die Marke ist, die sie weiterbringt.

Stichwort Markenkonzept und Dynamik: Eine Marke ist 2018 nicht dann stark, wenn Sie unveränderlich zementiert für alle gleich wahrgenommen wird, sondern wenn sie für jede Zielperson so wahrgenommen wird, wie er oder sie diese für sich benötigt. Sie muss Argumente liefern, die richtige Wahl zu sein.

Einen wirklichen Widerspruch zwischen ganzheitlichem Markenkonzept und individualisierter Ansprache gibt es nicht, denn eine moderne Marke kann und muss für alle, die sich von ihr abgeholt fühlen wollen, von ihrer individuellen Schwerpunktsetzung heraus ganzheitlich begreifbar sein.

 

Welche Themen empfinden Sie im Austausch mit Ihren Kunden derzeit am drängendsten, wo gibt es den größten Informationsbedarf?

Im Vordergrund stehen natürlich für unsere vorwiegend im B2B Bereich tätigen Kunden die Themen Vielfalt, Wirkung, Content, Brand Safety, Schnelligkeit, Smart Data und DSGVO-Konformität. Es herrscht tatsächlich auch ein edukativer Bedarf über die Bestückung der kommunikativen Werkzeugkästen. Also welche medialen Maßnahmen kann man effizient und effektiv schnell umsetzen und dabei in jeder Hinsicht auf der sicheren Seite sein? Freilich ist das individuell auf das einzelne Briefing und den individuellen Bedarf zuzuschneiden. Zum Stichwort Wirkung ist zunehmend deren Messbarkeit ein Gesprächspunkt. Hier sind wir aufgefordert, Messbares transparent in Learnings miteinzubeziehen. Allerdings legen wir immer Wert darauf, ganzheitlich zu denken und sind der Ansicht, dass nicht alles was messbar ist, wirksam – und nicht alles was wirksam ist, auch messbar sein muss. Qualitativ spüren wir einen starken Informationsbedarf im Bereich Research. 

Wo steht die Marke, wo will sie hin, wie kommt sie dahin? Begleitendes Kampagnentracking ist zweifelsfrei in dem Zusammenhang eine wichtige Maßnahme.

Ebenso von steigender Relevanz sind die Themen Employer Branding und klassisches Recruiting. Das Marketing für die bestehenden und potenziellen Mitarbeiter steht gerade im MINT-Bereich zunehmend im Fokus. Auch hierzu stellen wir übrigens deutlich fest, dass eine „großartige Marke“ Vorteile beim Finden von Talenten besitzt. 

 

Mediaplanung antizipiert noch stärker als direktes Marketing die Entwicklung des Marktes. Welche Trends sehen Sie für das kommende Jahr im B2B-Sektor?

Ganz klar: Datenbasiertheit. 

Wir implementieren datengestützte, programmatische Zielgruppen-zentrierte Planungen zunehmend in die Mediastrategie und sprechen zusammen mit Content-Centric-Strategien die Zielgruppe von allen Seiten an. Das allerdings – darauf legen wir sehr großen Wert – ohne sie zu stalken. 

Also: Immer interessant bleiben oder besser, wie bereits erwähnt: Etwas zu erzählen haben, das die Zielgruppe interessiert. Eine generell große Herausforderung für Mediaplaner wird sein, genau diesen Spagat zu schaffen zwischen Relevanz/ Wirkungsschwelle und Überdosis. Dieser Schieberegler muss dynamisch an die jeweilige Aufgabenstellung angepasst werden. Für den deutschen und europäischen Markt ist bei datenbasierten Maßnahmen DSGVO-Konformität und Brand Safety vergleichsweise sicher umzusetzen, da die wesentlichen Player ihre Hausaufgaben vorbildlich gemacht haben. Das Ganze außerhalb der EU zu synchronisieren ist in einzelnen Märkten noch eine Herausforderung.

Eine zentrale Ansprache der Zielgruppe bietet zunehmend auch der Digital Signage Bereich. Gerade im für den B2B Bereich wichtigen Messeumfeld werden die Möglichkeiten immer attraktiver: Hierzu ist insbesondere das ausgefeilte Zusammenspiel zwischen digitalen OOH-Flächen (Out-of-Home-Werbung) und mobilen Endgeräten ein spannendes Thema.  

Im B2C Bereich ist ja das Tool „Influencer“ bereits mehr oder weniger gut implementiert. Hierzu wird sicherlich auch im B2B Bereich noch einiges passieren. Erwartungsgemäß wird keine Modebloggerin und kein Unboxing-Enthusiast der Influencer der Wahl sein, allerdings spricht nichts dagegen, im Sinne von edukativen Themen unter Einsatz aller neuen Möglichkeiten des Bewegtbildes einen Experten im Netz bereitzustellen.

Ansonsten ist beim Thema „Trends“ zu schauen, in wieweit diese wirklich relevant sind. Entscheidungen zu den Themen

  • "Chatbots als virtuelle Ansprechpartner“,
  • „Findet die Blockchain Technologie auch in der Mediaplanung markttaugliche Zugänge?“,
  • „Wie entwickelt sich Virtual Reality gerade in der B2B Produktkommunikation weiter?“

sind Fragestellungen, denen man begegnet. Die Alexas dieser Welt, denke ich, haben im B2B Bereich noch etwas Zeit. 

 

Ohne die DSGVO geht nichts mehr – wie haben Sie in der Medienagentur den „Day Zero“ erlebt und wie haben Sie in einen neuen Arbeitsalltag gefunden?

Den 25 Mai haben wir so erlebt, dass wir uns alle angeschaut haben, kurz innegehalten und durchgepustet. Der große administrative Aufwand war natürlich wie bei den meisten anderen Unternehmen auch in den Wochen und Monaten davor zu stemmen. Abklopfen der Technologie-, Adress- und Medienpartner auf absolute Konformität, Formulierung von wasserdichten Vereinbarungen, Dokumentation intern und extern. 

Das Durchpusten war ein Produkt daraus, dass wir selbst immer schon mit absoluter Transparenz arbeiten und – ein Kompliment an die Medienpartner – hier die wesentlichen Anbieter vorbildlich unterwegs waren. Wohlwissend, dass das mit dem Durchpusten nicht erledigt ist, sondern tagtäglich neu gelebt und geprüft werden muss, sind alle Media-Buchungen, Researchaufträge, etc. aus unserem Hause DSGVO-konform. Aus dem zunehmenden Bedarf heraus, Top B2B-Kommunikation mit allen DSGVO Rahmenbedingungen anbieten zu können, entwickeln wir individuell zugeschnittene Lösungen.    

 

Die Unkenrufe, das Print Marketing sterbe, mehren sich. Gleichzeitig haben viele Unternehmen noch (fast) keine Online-Kampagnen gestartet und setzen lieber auf klassische Anzeigenschaltung. Ist Print wirklich nur noch ein lebender Toter? 

Unkenrufe gibt’s zu jeder Zeit und zu jedem Thema zur Genüge: TV ist tot, Print ist tot, der Klick ist tot, Video killed the radio star. Die Fakten: TV ist nicht tot, sondern bekommt Nachwuchs und befindet sich auf der höchsten Nutzung jemals. Es kommt nur darauf an, was man alles als TV definiert. Print ist gerade in der B2B Kommunikation nach wie vor ein wichtiger und unersetzlicher Baustein, da die Zielgruppen das Medium nutzen, vor allem zur beruflichen Entscheidungsfindung.  Dies bestätigen uns zahlreiche aktuelle Erhebungen in den relevanten B2B Märkten. Der Klick lebt noch, auch wenn er nicht mehr die digitale Wollmichsau ist. Doch er bringt noch immer den Traffic dahin, wo das Konkurrenzgezwitscher vorbei ist, nämlich auf die Themen- oder Homepage.

Zu Print zurück: Wir haben in Deutschland in der Tat immer noch einen ausgeprägten Printmarkt für fast alle Interessen. Redaktionelle Qualität und guter Journalismus, Medienvielfalt und -freiheit sind – und da greife ich jetzt mal bewusst hoch – essenziell für eine funktionierende Demokratie. Sehr viele starke Online-Portale haben ein immer noch starkes Printadäquat. Natürlich gehen die Auflagen zurück, das ist keine neue Erkenntnis, sondern ein logisches Produkt der Mediennutzungszeit der Menschen in Verbindung mit der Verfügbarkeit neuer Informationsquellen. 

Werbeerlöse liegen immer noch im Print-Bereich. Das liegt trotz sinkender Auflagen an Themen wie dessen beständige Nutzung, journalistische Qualität, analoger Lese-Flow, Glaubwürdigkeit, PR-Transferierbarkeit, Belästigungsempfinden und Haptik. Man hat zwar recht schnell einen Adblocker auf dem Bildschirm installiert, aber jemanden einstellen, der die Zeitschriften zerreißt, tut man nicht. Wir führen Studien zum Thema Mediennutzung im Zusammenhang mit beruflichem Informationsverhalten durch. Hier ist die Fachzeitschrift nach wie vor durchgängig in allen B2B Zielgruppen ein relevanter Kanal.

Für das Verlagseinkommen sind die gedruckten Medien indes nach wie vor wichtigste Einnahmequelle. Um mal die aktuellen Zahlen vom VDZ (Anm. Red.: Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V.) zu dokumentieren: Wir reden immerhin von 1.600 Publikumszeitschriften und 4.000 Fachzeitschriften am Markt. Ein paar lebende Tote sind da wohl dabei, aber eine Zombi-Apokalypse befürchten wir in den nächsten Jahren nicht.    

Alles in Allem lebt Print zumindest in Deutschland noch eine Weile. Es wird vermutlich in den kommenden Jahren ein weiterer Auflagenrückgang und wohl irgendwann eine Marktkonsolidierung geben, aber generell würde ich das Medium definitiv noch nicht ins Grab reden.

 

Technologische Entwicklungen sind gerade im Industriesektor – einem Ihrer Schwerpunkte – eine treibende Kraft. Schlägt sich diese Technik-Offenheit auch im damit verbundenen Marketing nieder? Sprich: Wie durchdrungen ist der Industriebereich von digitalem Marketing? 

Interessante Frage. Sie trifft in etwa unsere Herangehensweise: Vor einiger Zeit waren die Hauptthemen „Wie „bereit ist Unternehmen XY für die Industrie 4.0?“. Die heimische Industrie selbst ist gar nicht so schlecht im internationalen Vergleich aufgestellt, wie man sich in frommer Zurückhaltung gibt. Ein Blick auf die Messelandschaft zeigt, dass wir interessante Adressen haben, die sich weltweit nicht verstecken müssen. Gerade habe ich wieder gelesen, wir seien Innovationsweltmeister – ein guter Indikator fürs „Gut-Aufgestellt-Sein“. Weder Tesla noch das hierzulande stark diskutierte Dieselthema haben die Autoindustrie bisher in den Ruin geführt. Es wird drauf ankommen, auch hier auf starken Marken aufbauend dynamisch und flexibler zu werden – lebende und lernende Marken sozusagen. 

In den Schubladen liegt noch einiges, was in den nächsten Jahren technologisch eine große Rolle spielen wird. Die Digitalisierung selbst ist hierzulande vielleicht nicht am schnellsten durchzusetzen, aber man wird das in den Griff kriegen. Zum Thema digitale Kommunikation fällt mir folgender Zusammenhang ein. „Communication follows Technology“. 

Dies ist in zweierlei Hinsicht interessant: 

  1. Habe ich eine dem Wesen nach technologische Botschaft und eine entsprechende die digitalen Kanäle nutzende Zielgruppe, ist es absolut naheliegend, digitales Marketing in den Fokus zu rücken. In dem Zusammenhang betreuen wir auch Kampagnen, die zu 100% digital sind. 
  2. Je besser sich die Kommunikationstechnologie entwickelt, desto mehr Kommunikation kann ich guten Gewissens rein digital aussteuern. Egal, ob wir von der Notwendigkeit responsiven Designs, Datensicherheit, Transparenz, Auswertbarkeit, Schnelligkeit etc. sprechen oder einfach von zunehmenden kreativen Möglichkeiten: Digitale Kommunikation ist niemals Selbstzweck. Die Industrie sieht das ähnlich und ist entsprechend digital unterwegs. Egal, ob Payed, Owned oder Earned Media. Wer auf sich als technologischer Top Player hält, ist im Marketing als Tech-Unternehmen wahrnehmbar, sei es Media, Messe oder sonstiges Marketing.

 

Bannerwerbung war lange Zeit eine sichere Bank im Marketing. Doch seit geraumer Zeit ist Programmatic Advertising angetreten, diesen Bereich zu revolutionieren. Wie hoch ist der Bedarf an vollautomatisierten, individuellen Werbebannern im Netz?

Programmatic Advertising ist ein Tool von mehreren und insbesondere für den Display-Bereich ein effektiver Ansatz. Vorhin habe ich zwischen Audience-Centric und Content-centric unterschieden. Mit Programmatic Advertising setzt man die Zielgruppe datenbasiert ins Zentrum, kann das Ganze allerdings auch geschickt mit Content-Themen ansteuern. Es ist schlichtweg eine Art, Banner relevanter zu machen, da sie je nach Qualität des Targetings eine Zielgruppe möglichst streuverlustminimiert erreicht. Durch den Relevanzschub sind ROI-Steigerungen der Werbeeinsätze die Folge.

Weltweit rechnet man damit, dass deutlich über die Hälfte der im Netz gehandelten Banner aktuell bereits programmatisch eingekauft werden. In Deutschland ist es noch nicht jeder zweite. Die Tendenz ist freilich beiderseits steigend. In jedem Falle empfiehlt es sich, nicht auf jede Low-TKP-Verteilung aufzuspringen, sondern auch Premium Deals mit relevanten Top-Publishern und Top-Medien zu installieren. 

Wir empfehlen unseren Kunden grundsätzlich, programmatischen Mediaeinkauf einzusetzen und arbeiten mit briefingkonformen Shares. Es gibt in der Tat Aufgabenstellungen, da macht es Sinn, den Löwenanteil programmatisch einzusteuern, aber es gibt auch solche, die eine klare IO-Umfeldplanung nach wie vor erfordern. 

 

Programmatic Advertising, Big Data, KI – es scheint, als hätte Kreativität im Marketing ausgedient. Wie ist Ihre Einschätzung aus Agentursicht? 

Oh nein. Wollen wir´s nicht hoffen! Das wäre doch unbefriedigend für die Branche, die wir doch lieben und ein wichtiger Bestandteil des BIP ist. Gute Werbung schafft Verkauf, Verkauf forciert Innovation und diese schafft wiederum Arbeitsplätze in der Produktion. Es wäre nicht schön, wenn dafür keine Kreativität mehr von Nöten wäre. 

Und dem ist auch nicht so. Erstens schließt das eine das andere nicht aus, und zweitens ist bei aller Zahlenfixiertheit immer noch eines im Vordergrund: Die Wirkung. Es geht nicht darum, in der Kommunikation alles zu automatisieren und die menschliche Wahrnehmung als Beiwerk einzuordnen. 

Werbung, die willkommen geheißen wird, funktioniert besser als Mechanik allein. 

Intelligenz in der Kommunikation ist weiterhin wichtig – egal wie künstlich sie ist. Programmatische Kreation gibt es übrigens auch, aber dafür muss man sich kreativ strategische Gedanken machen. Creativity is not unnecessary.

 

Vielen herzlichen Dank für Ihre Antworten, Herr Zacher!

Datum: 6 November 2018, 9:11 am
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