Das Rentenalter steigt beständig, der Fachkräftemangel wird dringlicher: Längst ist es in der Produktion unabdinglich, auch ältere Angestellte zu beschäftigen. Doch das Heben und Halten von schweren Teilen geht nicht spurlos an diesen vorbei. Vor allem Muskel- und Skeletterkrankungen sind mit fortschreitendem Alter keine Seltenheit und resultieren oftmals aus jahrelangen Fehlhaltungen oder -belastungen. Bereits jetzt sorgen diese für 23 % aller krankheitsbedingten Fehlzeiten in Deutschland. Das Problem: Auch wenn die Automatisierung viele ungesunde Arbeiten abnehmen konnte und Roboter heutzutage kaum mehr wegzudenken sind, gibt es immer noch verschiedene Aufgabenbereiche, die Fachkräfte übernehmen müssen. Dazu gehören vor allem komplizierte und präzise Arbeitsschritte.
Nun scheint dieses Problem gelöst: So genannte Wearable Robotics treten jetzt den Siegeszug in die Industrie an. Dabei handelt es sich um unterstützende Exoskelette, die für körperlich anstrengende Tätigkeiten einfach angezogen werden können. Sie schaffen es, einseitige Belastungen oder ungesunde Haltungen über das Skelett auf den ganzen Körper zu verteilen. Dadurch können Mitarbeiter schwere Aufgaben länger und angenehmer durchführen.
Die ersten Wearable Robotics sind in der Automobilfertigung bereits in Benutzung. Mitarbeiter berichten von deutlichen Entlastungen insbesondere bei Aufgaben, die das statische Halten von schweren Teilen beinhalten. Um weitere Bereiche abdecken zu können, arbeiten die verschiedenen Hersteller derzeit an höherem Tragekomfort bei schnellen Bewegungen und einer einfacheren Anpassung an Mitarbeiter. Momentan werden die Wearable Robotics zu Beginn aufwendig an die jeweiligen Körpermaße anpasst. Und noch ist der deutsche Markt für die Exoskelette sehr jung – nur ein Hersteller, German Bionic Systems, hat bereits die Marktreife eines Produkts erreicht. Weitere Produzenten stehen jedoch ebenfalls kurz vor der seriellen Produktion.
Übrigens profitiert nicht nur die Industrie von Wearable Robotics: Die Fußballweltmeisterschaft 2014 zeigte beim Eröffnungsspiel eindrucksvoll, welche Möglichkeiten Exoskelette eröffnen. Damals schoss ein eigentlich gelähmter Mann den ersten Ball – mit Hilfe eines solchen Exoskeletts. Patienten mit Rückenmarksverletzungen oder Schlaganfall könnten mit den Wearable Robotics so neue Lebensqualität gewinnen. Doch sie sind nicht die einzigen, die sie nutzen könnten,– auch Pflegepersonal könnte beim Lagern und Umheben der Patienten deutliche Entlastung erfahren.
Die Zukunft wird zeigen, welche weiteren Optionen Wearable Robotics für Industrie und Wirtschaft erschließen werden.